Urteil: Ist "Festpreis" dasselbe wie "Pauschalpreis"?


Von:  RA Wolfgang Reinders / 13.07.2021 / 18:34


OLDENBURG. Bauschaffende sind in der Regel keine Juristen und verwenden in ihren Verträgen, Formularen, Briefen etc. oft umgangssprachliche Begriffe, die keine exakte juristische Bedeutung haben. Im Streitfall entstehen daraus Missverständnisse und Risiken. Eines der häufigsten Missverständnisse ergibt sich aus dem Begriff „Festpreis.“


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So in einem Fall eines Dachdeckers, der vom Oberlandesgericht Brandenburg entschieden wurde (Az 12 U 114/19 vom 18. Februar 2021). Hier wurde zu einem "Festpreis" von 364.857,66 Euro die Eindeckung einer Gewerbehalle von 14.635 Quadratmetern beauftragt. Tatsächlich war die Halle knapp 1.000 Quadratmeter grösser und der Dachdeckerbetrieb verlangte eine Mehrvergütung von rund 25.000 Euro. Dann begann der gerichtliche Streit darüber, was mit dem Begriff "Festpreis" gemeint war. Der Auftraggeber verstand ihn im Sinne eines Pauschalpreises, so dass alle eventuellen Mehrmengen (im Vergleich zu den angesetzten Vordermassen) abgegolten waren. Der Dachdecker verstand es als Vereinbarung, dass der Einheitspreis während der Bauzeit stabil bleibt (selbst wenn es zu erheblichen Preiserhöhungen beim Material oder den Lohnkosten gekommen wäre), gleichwohl aber die Massenabrechnung nach örtlichem Aufmass erfolgen solle.

Das Gesetz kennt "Festpreis" nicht

Der richtige juristische Ausdruck wäre "Pauschalpreis" gewesen. Der ist im Gesetz klar geregelt und bedeutet, dass die tatsächlichen Massen unerheblich sind; es bleibt immer (massenunabhängig) bei dem ursprünglich vereinbarten Pauschalpreis. Den Ausdruck "Festpreis" kennt das Gesetz nicht. Dennoch wird er sehr häufig am Bau verwendet und die meisten "meinen" damit eigentlich auch den Pauschalpreis. Doch wenn es zum Streit kommt, ist eben nichts mehr klar.

Im Ergebnis gab das Gericht dem Kunden recht: Die Festpreisabrede wurde auch vom Gericht im Sinne einer Pauschalpreisabrede interpretiert. Der Dachdecker blieb auf seinen "Mehrkosten" sitzen. Das Urteil entsprach gängiger Praxis: Ein nicht exakt verwendeter Begriff wird juristisch ausgelegt, wie man die Gesamtabsprache im Lichte des gesamten Vertragsverhältnisses verstehen konnte. Und dabei wirkt sich aus, dass man Festpreis umgangssprachlich durchaus als Pauschalpreis versteht.


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